Hallo Truckracefans
eine Woche nach dem heißen und hitzigen Rennwochenende im tschechischen Most, hat der Truck Race Zirkus nach 25 Jahren zum ersten mal wieder seine Zelte auf dem Hungaroring aufgeschlagen. Die Veranstalter haben sich viel Mühe gegeben, jedem Team und Fahrer eine gute Zeit in Ungarn zu geben. Man war und ist natürlich sehr stolz mit dem amtierenden und aktuell auch in der Gesamtwertung führenden Ungarn Norbert Kiss, einen nationalen Rennhelden als Lokalmatador zu haben. Entsprechend säumten über beide Renntage knapp 40.000 Zuschauer und Kiss Fans den sehr winkligen Kurs nahe Budapest. Für die Formel 1, wie ein Monaco, nur ohne Häuser und Tunnel, waren die Zweifel mit einem Renntruck durch die engen Ecken zu kommen, schnell verflogen, zumindest bei unserem Tankpool24 Truck Racing Team.
Die Strecke war bis für Kiss, für alle neu und so konnten André Kursim und ich schneller als manch anderer in einen guten Rhythmus finden. Im ersten nassen freien Training konnte ich erstmals auf Platz 6 fahren. André hatte erneut viel technisches Pech, konnte aber mit einer starken Qualileistung und dem erreichen der SuperPole für die ersten 10 Startplätze am Samstag endlich mal zeigen was in ihm steckt.
Ich hab mich recht schnell auf eine Rennabstimmung konzentriert und konnte mit meinem Techniker Norbert und meinen Mechanikern Stück für Stück den Mercedes Truck in ein recht schnelles und konstantes Arbeitsfenster bringen. Das Handling war ordentlich und der Zeitenabstand zu den eigentlich überlegenen MAN wird stetig kleiner.
Also war unsere Motivation ganz klar auf die Top 10 und damit erneute Punkte ausgerichtet.
In Rennen 1 konnte ich zunächst den Speed des Mittelfeldes bis nach sechs Runden gut mitgehen, bis meine Bremstemperatur plötzlich unkontrollierbar bis auf 750 Grad Celsius schoß und ein rennmäßiges Verzögern der 5,5 Tonnen unmöglich machte. So brachte ich unsere Nr. 24 im Schongang auf Platz 11 ins Ziel.
Das zweite Samstagsrennen musste ich trotz intensiver Fehlersuche und Serviceleistung unserer klasse Mechaniker frühzeitig beenden, da wiederum nach 7 Runden die Bremswirkung fast komplett ausfiel und ich beim Anbremsen sogar den vor mir fahrenden Scania abgeräumt habe.
Die anschließende Analyse der Beläge und Scheiben ergab, dass die Mischungen der Beläge zu weich waren und den Belastungen nicht Stand halten konnten. In guter Zusammenarbeit mit unserem Partner Meyle konnten wir neue Mischungen und Sättel über Nacht auf einander abstimmen.
Das zahlte sich mit einer konstanten und besseren Bremsleistung aus, was sich auch auf die Rundenzeiten übertragen ließ. So schrammte ich um gerade einmal 0,04 Sek. An den Top 10 im wohl bemerkt trockenen Zeittraining vorbei, hieß also, die Lücke zum Mittelfeld und den MAN von Sascha Lenz und dem Tschechen Frankie Voiticsek konnte ich schließen.
Das erste Rennen war dann das für mich bis hierhin intensivste und spannendste der ganzen Saison. Zunächst gab es einen Rennabbruch, da wie immer am Sonntag jeder im Feld nochmal eine Schippe Motivation nachlegt, die mal leicht über das Limit hinausführt.
Beim Restart kam ich erneut gut weg und konnte mich lange sogar gegen den Cepsa MAN von Antonio Albacete wehren, der dann allerdings auf faire Art an mir in Runde 4 vorbeizog. Ganz so fair verlief der nächste Fight mit dem Europart MAN des Tschechen Frankie Voitiscek nicht. Das leichtes Rempeln und Lackaustausch zum guten Ton im Trucksport zählen ist völlig klar und lange hatten wir einen harten aber immer noch fairen Zweikampf um mittlerweile Position 8. Die ist deshalb so begehrt, weil laut Regeln der zweite Lauf bei den ersten acht in umgekehrter Reihenfolge gestartet wird; bedeutete, wir kämpften um die PolePosition für Rennen 2 am Sonntag!
In der letzten Runde hatte ich schon mit deutlichen Attacken von Frankie gerechnet und kann auch einiges an Schubsern und Dränglern vertragen, ich teile schließlich auch hin und wieder aus; dass er mich aber auf der Art plumpe Weise beim Anbremsen von Kurve 2 einfach übers Heck rausschiebt, war ärgerlich und unfair. Das sahen nach Sichtung der Onboardvideos die Sportkommissare genauso und belegten ihn mit einer 30 Sekunden Strafe. Vermutlich auch, weil er kein unbeschriebenes Blatt diesbezüglich ist.
So landete ich erneut in den Punkten und erntete die PolePosition für den letzten Lauf des Wochenendes.
Für alle im Team war dies nach einer bisher schwierigen Saison der Höhepunkt und der verdiente Lohn, weil alle immer wieder bei Rückschlägen die Ärmel hochkrempeln und weiter machen. Das hat mich sehr gefreut, trotz des Bewusstseins, dass ich beim Start keine Chance gegen die ersten acht Trucks beim Beschleunigen haben werde.
So kam es dann auch. Bis in die erste Kurve verlor ich schon vier Plätze, den Rest dann bis auf Platz 12 schon nach einer Runde. Ich habe an fast jeder Ecke eine mitbekommen und hab den anschließend schwierig zu fahrenden, krummen Mercedes Racetruck auf Platz 12 über die Runden gebracht.
Hier wurde deutlich, wie groß die Leistungsunterschiede leider noch sind, sowohl beim Antrieb, als auch beim Fahrwerk, auch wenn wir hier kleine Fortschritte verzeichnen.
Genau die sind es aber, die uns motivieren und auch jedem im Fahrerlager ganz klar zeigen was wir bei entsprechendem Budget und intensiver Vorbereitung eigentlich können. Wir verstehen den Truck mehr und mehr, finden an einigen Details immer bessere Lösungen und das macht Spaß, auch wenn der sportliche Erfolg auf sich warten lassen muss.
Ich hoffe deshalb, dass unser Programm zusammen mit unseren Partnern für 2016 frühzeitiger definiert und fixiert werden kann und wir natürlich noch weitere begeistern können, um die diesjährigen Erkenntnisse in schnelle Rundenzeiten umsetzen zu können. Ziel ist noch in dieser Saison, aus eigener Kraft in die Top 10 zu fahren. Wir sind ganz nah dran und versuchen es in zwei Wochen am 19./20. September im belgischen Zolder erneut. Dort habe ich 2001 meinen ersten Sieg in der SuperRaceTruck Klasse B eingefahren.
Gute Vorzeichen also.... Bis dahin alles Gute,
Euer Roland